Diese Worte, die eine polnische Überlebende des KL Lublin mit Blick auf die Ermordung ihrer jüdischen Mitgefangenen äußerte, bildeten das Motto der diesjährigen Ausstellung des Leistungskurses Geschichte der Q1 des Öffentlich-Stiftischen Gymnasiums Bethel in der Synagoge Bielefeld. Dabei war unser Blick auf zwei Aspekte gerichtet:
Die Auseinandersetzung mit individuellen Perspektiven der Opfer des nationalsozialistischen Völkermordes bildet nicht nur die Basis für historisches Lernen, sondern ermöglicht kognitive Empathie, die uns Nachgeborene – wenn auch nur ansatzweise – erkennen lässt, wie ein anderer Mensch fühlt. Der ausgegrenzte, gedemütigte, physisch und psychisch gefolterte, im Lager de-individualisierte Mensch ist „ein gleicher Mensch wie ich“. Empathie mit den Opfern ist das eine. Das andere ist die Erkenntnis, die sich aus dem Studium biographischer Quellen von Täterinnen und Tätern der Shoa speist: Auch sie waren „ein gleicher Mensch wie ich“: Menschen mit und ohne humanistische Bildung, mit ökonomischen Interessen, auf der Suche nach beruflicher Bestätigung, mit Karriere-Ambitionen, einem Privatleben, Freunden und Kindern, ja, einem normativen Wertesystem, das vorwiegend in einer Zeit des Friedens aufgebaut worden ist. Die Auseinandersetzung mit Täterbiographien beunruhigt, weil sie uns die Zuversicht nimmt, als Nachgeborene davor sicher zu sein, „Un“menschen zu werden.
Die Untersuchung der verschiedenen sozialen und situativen Handlungskontexte und Handlungsoptionen, in denen Zugehörige der Tätergemeinschaft und Ausgegrenzte lebten, ist essentiell für unsere Gegenwart. Sie hat uns gezeigt, wie schnell sich eine als modern verstandene Gesellschaft des „christlich-abendländischen“ Kulturkreises in eine Ausgrenzungsgemeinschaft verwandeln kann.
Auf unserer Arbeit in den Gedenkstätten Auschwitz, Birkenau und Lublin-Majdanek sowie Gesprächen mit Zeitzeugen und Museumspädagogen basieren die Gedanken und Arbeitsergebnisse dieser Ausstellung, die wir am 13. Juni 2019 in der Synagoge Beit Tikwa eröffnet haben. Wir freuen uns, dass zu unserer Ausstellungseröffnung so viele Menschen gekommen sind und interessiert zugehört haben.
Die Forschungsergebnisse finden sich auch in unserem Blog:
https://majdanek2019.home.blog/
Fachkonferenzvorsitz Geschichte
stellvertretender Fachkonferenzvorsitz
Das Projekt der Fachschaft Geschichte wurde 2016 mit dem "Richeza-Preis des Landes Nordrhein-Westfalen 2016 für herausragende Verdienste um die deutsch-polnische Verständigung" ausgezeichnet.
für langjährige Projektarbeit in Majdanek.
WEITERLESEN
2017: Die Reformation in Bielefeld
2017: Gastarbeitermigration, u.a.
2016: Erfahrungen mit Fremdsein
zu den Historischen Projektfahrten des Gymnasiums Bethel in die KZ-Gedenkstätte Majdanek.